Eine sexuelle Belästigung ist eine Straftat, bei der eine Person gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen animiert werden soll. Egal ob Schule, Arbeitsplatz, Straße, Disco oder häusliche Umgebung: Statistisch sind meist Frauen davon in erheblich höheren Maß betroffen als Männer.

Doch wo liegt die Grenze zwischen einem Flirt und einer Belästigung? Wo findet sexuelle Belästigung statt und wie könnt Ihr Euch davor schützen? Wir haben auf dieser Seite die wichtigsten Details zusammengefasst.

Das Wichtigste in 30 Sekunden

  • Sexuelle Belästigung umfasst alle belästigenden Aktionen, die vor dem tatsächlichen Übergriff stattfinden.
  • Der Tatbestand wird in Deutschland nach dem Strafgesetzbuch (StGB) bestraft.
  • Ihr könnt Euch gegen sexuelle Belästigung wehren, müsst dabei aber aufpassen, dass Ihr die Grenze der Notwehr nicht überschreitet.
sexuelle belästigung arbeit
Quelle: Midjourney

Definition und Verbreitung in Deutschland

Eine sexuelle Belästigung ist eine Belästigung einer Person mit dem Ziel, deren Würde durch sexuelle Andeutungen herabzusetzen. Die Definition der sexuellen Belästigung ist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) § 3 festgeschrieben. Dort steht:

„Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung … wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten… sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts … bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere,  wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“

Wo und in welcher Form finden unerwünschte Annäherungen statt?

Grundsätzlich kann eine unerwünschte sexuelle Annäherung fast überall stattfinden. Typische Tatorte sind allerdings:

  • Straße
  • Schule
  • Arbeitsplatz, häufig unter Versprechung von Vergünstigungen oder Androhung von Konsequenzen bei Nichtausübung
  • Veranstaltungen wie Konzerte, Discos, Clubs, Bars
  • Familiäres Umfeld
  • Internet

Die häufigsten Täter sind dabei ebenso vielfältig. Meist wird die Belästigung ausgeübt durch:

  • Täter sind meist Männer, nur selten Frauen
  • Mitschüler
  • Kollegen
  • Vorgesetze
  • Partner
  • Familienmitglieder
  • Freunde und Bekannte
  • Fremde

Eine wirksame Gegenmaßnahme gegen die sexuelle Belästigung ist die Prävention. Besonders die häufig betroffenen Frauen sollten daher auf gewisse Alarmsignale achtgeben und sich möglichst schnell von der Situation distanzieren:

  • Nonverbale Signale beachten (unverhohlenes Starren, „versehentliche“ Berührungen)
  • unangemessene Andeutungen
  • einseitige, aufdringliche Flirts
  • Angebot körperlicher Gefälligkeiten oder finanzieller Gegenleistungen

Wer zählt statistisch am häufigsten zu den Opfern?

Statistisch laufen Frauen deutlich häufiger Gefahr, Opfer von sexueller Belästigung zu werden. Besonders Frauen mit Behinderungen zählen zu den potentiell gefährdeten Gruppen. Die Statistik besagt:

  • Laut Umfrage des BMFSFJ gaben 58 % der Frauen an, Opfer sexueller Belästigung oder sexualisierter Gewalt geworden zu sein.
  • Eine europaweite Studie der europäischen Grundrechteagentur ermittelte, dass ein Drittel aller Frauen bereits sexuelle Gewalt erlebt hat.
  • Eine Untersuchung von 700 Urteilen zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ergab, dass bei 675 Fällen Frauen betroffen waren.
  • Eine Umfrage des BMFSFJ aus dem Jahr 2012 fand heraus, dass über 20 % aller Frauen mit Behinderungen im Kindes- und Jugendalter Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind.
  • Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch höher, da viele Taten aus Angst, Scham oder anderen Gründen nicht angezeigt werden.

Welche Formen der sexuellen Belästigung gibt es?

Das unmoralische Angebot kann zweifellos eine sexuelle Nötigung darstellen. Es gibt aber verschiedene Arten, eine andere Person zu belästigen. Die häufigsten Formen der sexuellen Belästigung sind:

  • Verbal
  • Nonverbal
  • Körperlich

Verbale Belästigung umfasst alles, was mit der Sprache zu tun. Das betrifft insbesondere Angebote, Sprüche, Kommentare und Aufforderungen mit sexuellem Hintergrund. Auch die schriftliche Kommunikation fällt in diesen Bereich, also auch die Belästigung zum Beispiel per Chat im Netz.

Oftmals weniger deutlich, aber für Betroffene ebenso unangenehm ist die nonverbale Belästigung. Diese umfasst die Mimik und Gestik, welche ohne die Notwendigkeit von Worten die sexuellen Absichten ausdrückt. Das könnten beispielsweise obszöne Gesten sein, hinterherpfeifen oder das Entblößen von gewissen Körperstellen.

Die heftigste Form ist die körperliche Belästigung. Diese umfasst alles, was mit körperlichem Kontakt zu tun hat, insbesondere Küssen und Grapschen. Hierzu zählen auch unerwünschte Berührungen von Po, Brüsten und Geschlechtsteilen. Täter versuchen anfangs oft, diese als versehentliche Berührungen zu tarnen. An dieser Stelle ist es für Euch als Betroffene nicht immer leicht, die richtige Reaktion zu zeigen. Vertraut auf Euer Gefühl und macht klar, wenn Euch die Annäherung deutlich zu weit geht.

Arbeitsplatz sexuelle Belästigung
Quelle: Midjourney

Verhalten und Schutz während und nach sexueller Belästigung

Sexuelle Übergriffe kennen viele Gesichter. Was als harmloser beidseitiger Flirt beginnt, kann sich schnell zur einseitigen Belästigung entwickeln. Besonders Wiederholungstäter gehen oftmals geschickt vor und der beherzte Griff ans Gesäß wird vom Täter als „kleine Neckerei“ getarnt. In diesem Abschnitt möchten wir Euch erklären, wie Ihr Euch in verschiedenen Situationen präventiv und aktiv gegen sexuelle Belästigung und Nötigung schützen könnt.


Wie kann man sich präventiv schützen?

Die Prävention von sexueller Belästigung beginnt schon im Kindesalter mit der Erziehung. Es ist wichtig zu wissen, was erlaubt ist und was zu weit geht. Besonders Mädchen machen oftmals schon in der Grundschule erste Erfahrungen mit Belästigungen. Ein wichtiger Schritt ist daher, Eure Kinder selbstbewusst zu erziehen. Später müssen sie dann nicht nur wissen, was zu weit geht, sondern sich auch die aktive Gegenwehr zutrauen. Das beginnt bei einem bestimmten „Nein!“ und geht bis zur körperlichen Gegenwehr.

Eine der effektivsten Maßnahmen, um sexuellen Übergriffen vorzubeugen, ist die Vermeidung von gefährlichen Situationen. Diese entstehen an bestimmten Orten besonders häufig. Zur Prävention gilt daher:

  • Haltet Euch vorwiegend in bekannter Gesellschaft auf. Eine Gruppe ist schwerer angreifbar als eine einzelne Person.
  • Vermeidet dunkle, verlassene und schlecht einsehbare Gegenden. Diese erleichtern jede Straftat, nicht nur Belästigungen.
  • Bleibt vorsichtig an allen Orten, wo getrunken wird. Alkohol und Drogen senken die Hemmschwelle und erhöhen die Gefahr für sexuelle Übergriffe drastisch.
  • Beobachtet Eure Umgebung. Wenn Euch die Umgebung oder die Gesellschaft unangenehm erscheint, umgeht die Situation. Ein Beispiel ist die Sylversternacht in Köln 2015, wo es zu hunderten Fällen von sexueller Belästigung gegen Frauen kam.

Vorbeugung am Arbeitsplatz

Zur Vorbeugung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz könnten Mitarbeitende und Vorgesetze verschiedene Maßnahmen ergreifen:

  • Teambuilding Maßnahmen organisieren und durchführen: So lernen sich die Kollegen und Kolleginnen besser kennen und geben mehr aufeinander Acht.
  • Merkblätter zum Umgang mit sexueller Belästigung aushängen und das Thema sichtbar machen.
  • Einführung einer Meldepflicht für Belästigungen. Das rückt das Thema in den Fokus und schreckt möglicherweise potentielle Täter ab.
  • Bei Verdacht: Sucht Gespräche mit den Betroffenen und befragt potentiellen Zeugen.

Wie kann ich mich aktiv wehren?

Kommt es zur sexuellen Belästigung, müsst Ihr reagieren. Die wenigsten Täter lassen von selbst wieder ab. Die erste Stufe der Gegenwehr ist die verbale Zurückweisung. Macht dem Täter deutlich, dass er gerade dabei ist, eine Grenze zu überschreiten. Falls möglich, sprecht gezielt einzelne Personen in der Umgebung an. Nicht jeder hilft, aber es gibt genug Menschen, die bereit sind, im Ernstfall einzugreifen.


Kampfsport

Hilft die verbale Zurückweisung nicht mehr und der Täter geht weiter auf Euch zu, müsst Ihr Euch aktiv zur Wehr setzen. Das beginnt beim Abwehren der Hände und geht bis zum Wegstoßen des Täters. Im Extremfall könnt Ihr Euch auch mit einem gezielten Schlag oder Tritt wehren. Das Ausüben einer Kampfsportart hilft dabei, einen wirksamen aber nicht gefährlichen Gegenschlag zu setzen. Zur Selbstverteidigung geeignet sind dabei unter anderem:

Wichtig ist bei der körperlichen Gegenwehr: Hier greift § 32 Notwehr aus dem Strafgesetzbuch (StGB). Dieser sieht vor, dass jemand, der in Notwehr handelt, nicht bestraft wird. Wichtig ist dabei der in Deutschland immer geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet: Wenn Ihr straffrei ausgehen wollt, sollte Eure Aktion immer eine angemessene Reaktion auf den Angriff sein. Vermeidet es also, auf das Hinterherpfeifen direkt mit einer gebrochenen Nase zu reagieren. Das wäre höchstwahrscheinlich nicht von der Notwehr gedeckt.


Selbstverteidigungswaffen

Für einen Ernstfall, also für die Notwehr, könnt Ihr auch Selbstverteidigungswaffen mitführen. Diese dürft Ihr aber erst einsetzen, wenn die Situation droht, zu eskalieren und es nicht mehr anders geht. Der direkte Angriff mit einer Waffe wegen einer bloßen anzüglichen Bemerkung wird höchstwahrscheinlich als gefährliche Körperverletzung gewertet. Wenn der Täter trotz deutlicher Zurückweisung zudringlicher wird, sieht die Sache jedoch anders aus. Je nach körperlicher Konstitution geeignete SV-Waffen sind:

Kollegen Arbeitsplatz
Quelle: Midjourney

Welche Schritte sind nach einer sexuellen Belästigung wichtig?

Wenn die Situation der Belästigung vorbei ist, beginnt häufig eine deutlich längere Phase: Die Verarbeitung der Tat durch die Opfer. Häufig folgen Unsicherheiten in ähnlichen Situationen im Alltag, Furcht vor der Wiederholung, Angstzustände und sogar Panikattacken. Eine Reihe von Maßnahmen kann helfen, mit der Situation umzugehen:

  • Anzeige bei der Polizei
  • Gespräch mit anderen Personen (z. B. Eltern, Partner, Freunde, Kollegen, Vorgesetzte)
  • Zeugen suchen und einbeziehen
  • Professionelle Hilfe annehmen, z. B. Hilfetelefon der Antidiskriminierungsstelle, Psychotherapie
  • Je nach Situation: Täter zur Rede stellen

Bei einer Belästigung im Privatleben führt der erste Gang zur Polizei. Diese nimmt den Vorfall auf und kann eventuelle Zeugenaussagen zuordnen. Je nach Beeinträchtigung könnt Ihr anschließend mit Familie oder Freunden über den Vorfall reden oder eine Erstberatung bei einer Hotline annehmen. In den meisten Fällen hilft: Schluckt das Problem nicht herunter, sondern redet über die Belästigung und Diskriminierung.

Kommt es zur Belästigung am Arbeitsplatz, geht der erste Weg zu den innerbetrieblichen Stellen. Das sind in jedem Fall der Betriebsrat und Chef, bei größeren Arbeitgebern die interne Beschwerdestelle. Meldet den Vorfall, damit der Täter zur Rede gestellt werden kann und eine Abmahnung erhält. Häufen sich die Beschwerden, kann das sogar zur Kündigung führen.

Bei einer Belästigung von Kindern in der Schule sollte die Schule der erste Ansprechpartner sein. Meldet den Vorfall bei der Klassenleitung oder Schulleitung, damit Maßnahmen ergriffen werden können. Meist ist Schulpersonal vertraut im Umgang mit Fehlverhalten und hat einen Maßnahmenkatalog parat. Zuhause gilt es dann, die Situation aufzuarbeiten und mit dem Kind zu reden, wie es in Zukunft mit derartigen Situationen umgehen soll. Bei besonderer Schwere empfiehlt sich hier auch der direkte Gang zur Polizei.

Welche Strafen erwarten die Täter?

Die Strafen für sexuelle Belästigungen und Entwürdigungen sind in §184i Strafgesetzbuch (StGB) festgelegt. Diese betragen:

  • Geldstrafe beziehungsweise Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
  • Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bei besonders schwerer Tat, zum Beispiel bei schwerwiegender Belästigung durch eine Gruppe von Personen

Diese Strafen gelten, sofern es sich um eine reine Belästigung handelt. Wird die Grenze zum sexuellen Übergriff überschritten oder sogar zur versuchten Vergewaltigung, fallen die Strafen teils deutlich höher aus. Voraussetzung für die Verhängung der Strafe ist natürlich die rechtliche Verfolgung und damit Eure Anzeige bei der Polizei.

Quellen und weiterführende Informationen:

Maximilian Hitzler

Update: 13.10.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API